Egoisten oder Lebenskünstler?

Hallo Ihr Lieben.

Heute möchte ich über einen Vogel schreiben, den Ihr alle kennt! Ja, ich wage diese Behauptung aufzustellen.

Vielbesungen, in Gedichten,  voller Rätsel für den Mensch, in ein Häuschen gesteckt…und doch hat fast niemand von uns ihn schon einmal in Echt gesehen.

„…wer wohl am besten sänge, wer wohl am besten sänge,… Kuckuck Kuckuck IAaaa, Kuckuck Kuckuck IAa…“

Das Kinderlied um „Der Kuckuck und der Esel“ kennen sicher auch heute noch ganz viele. Genau wie „Kuckuck, Kuckuck, ruft’s aus dem Wald“. Hoffmann von Fallersleben (der auch unsere Nationalhymne schrieb) ist für beide Kinderlieder verantwortlich.

Ja, der Vogel, der ständig seinen eigenen Namen ruft und eine besondere Aufzuchtmethode hat, ist heute mein neuer Monatsvogel. Cuculus canorus, so sein lateinischer Name und alleine in seiner Ordnung und Familie der Kuckucksvögel, bzw Kuckucke.

Nun, es gibt nicht nur dieses Tier, welches nach seinem Ruf benannt ist, mir fällt da gleich der Uhu ein. Aber sein Gesang ist, zusammen mit der Tatsache, dass er seine Eier in fremde Nester legt, einfach in unser Hirn gebrannt. Dabei ist der Frühlingsbote noch viel faszinierender.

Im April landet der Zugvogel, aus Südafrika oder -asien hergeflogen, im hohen Geäst. Nun sucht er mit seinem unverwechselbaren Ruf nach einer Partnerin.

Früher wussten die Menschen nichts von Zugvögeln. Der Kuckuck sieht im Flugbild und Federkleid dem Habicht ähnlich. Daher dachten die Menschen früher, wenn der Kuckuck ‚verschwand“, er verwandle sich in den Raubvogel.

Typisch sieht man die langen schmalen Flügel neben dem Körper und den sehr langen Schwanz, sowie die stechend wirkenden, gelben Augen

Wenn nun das Weibchen nach der Kuckuckshochzeit Eier legen will, so wird keine eigene Aufzucht betrieben. Wie wir wohl alle wissen, legt das Kuckucksweibchen ihre Eier in fremde Nester. Etwa zehn Stück muß der große Vogel unterbringen. Immer ein Ei in ein fremdes Nest. Genau wird beobachtet. Es wird die Vogelart ausgesucht, die schon das Elternteil aufgezogen hat.

Stempelschnitzerei

Nun, Ihr werdet Euch fragen, warum die Vögel den Trick nicht sofort bemerken? Hier kommt die Evolution dem Kuckuck zur Hilfe! Sein Ei hat sich dem der Wirtseltern angepaßt! Das fremde Kuckucksei ist nur etwas größer, Farbe und Struktur sind gleich. So legt zB der Gartenrotschwanz wunderschöne, türkisfarbene Eier, das Kuckucksei hat dann genau diese Farbe, nur im direkten Vergleich sieht unsereins den Größenunterschied.

Wenn man bedenkt, dass der Kuckuck auf dem Ast recht gedrungen sitzt (was mir bei der schnellen Skizze nicht gelungen ist) Dieser Jungvogel hat schon die langen Schwanzfedern und wird langsam graubraun.

Nun haben die Eltern alles getan und genau wie sie einzeln zu uns geflogen sind, verschwinden die Kuckucke wieder in ihre südlichen Gefilde.

Neues Kartenmotiv!

Aus meinem Bestimmungsbuch

Aber nicht jede Trickablage gelingt. Etwa jedes dritte Ei wird als Fremdkörper erkannt und dann wird das Nest verlassen. Manche Vogelarten lassen sich mehr überlisten als andere.

Man sollte doch meinen, dass mindestens nach dem Schlüpfen die Vogeleltern den falschen Nestbesetzer erkennen. Dieser schlüpft nämlich vor den „Geschwistern“ und noch blind und nackt schmeißt das Kücken die eigentlich heimischen Eier raus.

Irgendwie ist der Elterninstinkt so stark, dass er alles andere ausblendet und die viel kleineren Singvögel den Kuckuck groß ziehen. Schon in der Antike wußte man von dieser Besonderheit. Aristoteles beschreibt seine eigenen Beobachtungen. Er überlegte, dass die Kuckucke wohl kein fähigen Elternteile seien. Sich dessen bewußt, überlassen sie die Aufzucht den anderen Vogeleltern. Im 18. Jhd. vermutete man, der Körperbau wäre nicht zur Brut und Aufzucht geeignet. Ein Jhd. später unterstellte Brehm dem Kuckucksweibchen gar einen liederlichen Lebenswandel. Netterweise war er aber doch der Meinung, dass sich der Mensch nichtsdestotrotz dem Schutz dieses Vogels, dem Frühlingsboten, widmen sollte.

Bewundert und geliebt wird dieser unauffällige, graue, scheue Vogel. Allein im Liederbuch „Des Knaben Wunderhorn“ sind sechs Lieder. Der Begriff „Wolkenkuckucksheim“ stammt aus der antiken Komödie „Die Wolken“ von Aristophanes, der etwas Sorglosigkeit mit dem Vogel verband. Charles Darwin war es, der den evolutionären Vorteil im Brustverhalten des Kuckucks sah. So konnten die Eltern früh zurück in ihre Heimat. Der Jungvogel hat keine Nahrungskonkurrenten. Die Genetik muss den Jungvögeln die Wege gen Süden mitgegeben haben, denn ihre leiblichen Eltern konnten es nicht vermitteln. Auch ziehen diese Vögel nicht in Schwärmen, sondern einzeln. Übrigens, wenn im Sauerland einer zu hören war und man Geld in der Tasche hatte, bedeutete das, daß sich dieses vermehren würde, der Kuckuck brachte Glück. Gibt es den Glauben auch bei Euch?

Der taubengroße Kuckuck mit seinem langen Schwanz und dem spitzen Schnabel frißt gerne Raupen. Seine spitzen Flügel hält er oft charakteristisch leicht vom Körper nach unten. Bei seinen Zehen zeigen zwei Krallen nach vorn und zwei nach hinten.

Der Kuckuck ist also definitiv nicht egoistisch, sondern hat eine biologische Nische gefunden. Der scheue Vogel hat eine Möglichkeit erarbeitet, für seine Art eine gute Überlebenschancen zu sichern.

Übrigens ist der Kuckuck auf der roten Liste als gefährdet aufgeführt, oft ist er stärker lokal verbreitet. Er kommt nicht überall vor. Und da er gerne lichte Laub- und Nadelwälder mag, aber auch an Binnengewässern „nistet“, werden wir stadtnah Wohnenden ihn wohl nicht hören. Und sein Gesangsrepertoire umfasst auch ein „Lachen“ und „glucksen“ (chä-chä… und glük-glük, letzteres nur Weibchen).

Über den Kuckuck könnte ich noch viel mehr schreiben. Wie sein Name sich bei anderen Tierenamen wiederfindet, weil sie ähnliche Strategien entwickelt haben. Wo er sich überall in der Literatur und Alltag wiederfindet (die Kuckucksuhr sollte wohl erst einen Singvogel bekommen, aber der Kuckucksruf ist doch so besonders, dass er es in das Türchen geschafft hat, da gibt es viele Legenden um diese Uhr und das ist eine ganz andere Geschichte).

So bringe ich als Herbstbeitrag zum Jahresprojekt diesen Monat einen Frühlingsboten. Seht es als Aussicht auf die hellen Tage, die dem dunklen Winter folgen werden.

Verlinkt bei der Initiatorin der Jahresprojekte Andrea Zitronenfalterin, dem DND, Creativsalat

Und neue Karten in meinem Kleiner Markt: „Gedrucktes“!

28 Gedanken zu “Egoisten oder Lebenskünstler?

  1. So wunderschön und informativ wieder, dieser Beitrag, liebe Nina! Und der Stempel ist fantastisch, aber auch deine Zeichnungen sind so klasse!!! Die Karte ist ein toller Frühlingsgruß, denke ich mir. Genieße deine Pause und sei ganz herzlich gegrüßt

    Ingrid

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    1. Dankeschön. Ja, auch wenn wir gerade erst in die dunkle Zeit eintreten, sollte es bewusst ein Frühlingsbote sein.
      Die Pause ist leider nicht recht zum Genießen, aber notwendig.
      Sende Dir ganz liebe Grüße zurück
      Nina

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    1. Dankeschön. Freut mich, dass Du den Kuckuck oft hörst und dass Dir der Beitrag gefallen hat.
      Ich finde es auch faszinierend, wie er eine besondere Nische entwickelt hat.
      Liebe Grüße und schönen Sonntag auch
      Nina

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  2. Liebe Nina,
    Ein wunderschöner Druck! Und der Post ist total spannend, sehr viele interessante Infos gut und verständlich verpackt 😊❤️ ja das Verhalten des kuckucks mutet seltsam an, aber so ist die Natur…Alles hat einen Sinn… auch die Zeichnung ist gut getroffen finde ich. Nun bin ich wieder etwas schlauer, hab ein schönes Wochenende und ganz liebe Grüße aus Dänemark, Ulrike :0)

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    1. Dankeschön, ja es Mutter uns fremd oder seltsam an und doch ist es eine geniale Methode seine Art fortbestehen zu lassen. Und wenn man so schaut, es gibt viele Tiere die es ähnlich machen.
      Alles hat einen Sinn.
      Hab ein schönes Wochenende, war hoffentlich bei Euch nicht all zu stürmisch. Ganz liebe Grüße zurück
      Nina

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  3. der kuckuck-stempel ist wieder ganz, ganz schön geworden und die feinen details hast du toll rausgearbeitet. die leuchtend gelben augen sind ja ganz besonders! ich höre so oft im frühjahr die kuckucksrufe, aber ich glaube, ich habe noch nie einen gesehen (oder ihn mit einem anderen vogel verwechselt).
    dein bericht über ihn ist wirklich interessant. vieles wusste ich noch nicht, z.b. dass sie die eier an die wirtsvögel anpassen. ganz schön schlau!
    liebe grüße von mano

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    1. Ich habe mich immer gefragt, wie sie das mit den Eier machen. Und nun weiß auch ich es 😊 Ich habe bis jetzt auch immer nur den Vogel gehört, noch nie gesehen. So geht es bestimmt den meisten Menschen.
      Den Stempel mag ich auch sehr, man hat, bzw bekommt da so seine Lieblinge.
      Danke Dir auch und sende liebe Grüße zurück, auf dass der Sturm Euch nicht wegpustet.
      Nina

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  4. Liebe Nina,
    hier hört man an verschiedenen Stellen im Frühjahr den Kuckuck rufen… und ich freue mich immer sehr. Auch er hat ja unter dem Klimawandel etc. zu leiden… also schön, wenn man ihn noch hört.
    Ich finde auch so cool, dass sie genau wissen wo sie hinfliegen müssen, ohne, dass es ihnen jemand sagen kann.
    Dein Stempel ist wieder super… schön auch mit den verschiedenen Farben 😊
    Liebe Grüße
    Nanni

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  5. Hier in unserem Park wohnt ein Kuckuck liebe Nina,
    im Sommer hört man ihn regelmäßig seinen Namen rufen.
    Und auch das Lachen kann ich jetzt zuordnen.
    Allerdings finde ich ihn schon recht frech, wenn ich Deinen Bericht so lese.
    Ob ich das so sympathisch finde? Dein Stempel jedenfalls ist klasse.
    Lieben Gruß
    Nicole

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  6. Danke für diesen informativen und nett illustrierten Beitrag. 🙂 In Deutschland ist es wirklich eine Seltenheit auf den Kuckuck zu treffen oder ihn gar zu hören. In Frankreich und Spanien habe ich ihn auf der Reise ständig gesehen und eigentlich immer gehört. Ganz zu meiner Freude. 😉

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  7. Hallo liebe Nina,
    ja der Kuckuck wer kennt ihn nicht und doch habe ich heute bei Dir eine ganze Menge über ihn gelernt.
    Wir haben das Glück ihn hören zu können, aber gesehen habe ich ihn noch nie. Nach Deiner schönen Schilderung über ihn ist Lebenskünstler ein schöner Begriff. Vielen Dank für die Vorstellung liebe Grüße
    Kirsi

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    1. Genau, den Namen und Gesang kennt man. Und natürlich dass er in fremde Nester legt. Aber ich habe auch einiges gelernt über den grauen Vogel, den man immer nur hört und nie sieht.
      Danke auch und sende liebe Grüße zurück
      Nina

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  8. Seit ich heute morgen deinen Post gelesen habe, geht mir mein Lieblingskuckuckslied nicht mehr aus dem Kopf:

    L’inverno è passato, l’aprile non c’è più,
    è ritornato il maggio al canto del cucù.
    (Refrain)
    Cucù, cucù
    l’aprile non c’è più, è ritornato il maggio al canto del cucù.

    Es ist mir noch immer mein liebstes Lied vom Frühlingsboten aus einer umfänglichen Reihe von Kuckucksliedern, die ich immer mit den Kindern gesungen habe. Eine Erinnerung, die wehmütig macht. Auch die an Waldspaziergänge in der Eifel oder in meiner heimatlichen Region, bei denen der Kuckucksruf uns begleitet hat. Heute ist so ein Tag, an dem ich spüre, was ich vermisse…

    Natürlich ist der Stempel wieder eine Wucht! Deine Fingerfertigkeit & Geduld ist beeindruckend.
    Hab einen schönen Tag!
    Astrid

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    1. Oh, dass klingt sowohl schön als auch traurig. Aber so ist der Kuckuck ja auch. Sein Überleben = Tod der ungeborenen Küken. Aber ich kann Dich so gut verstehen. Manchmal löst eine Kleinigkeit eben Gefühle aus. Ich sag mir dann immer, besser so, als das man es nicht gehabt hat.
      Der Stempel gefällt mir auch sehr, es gibt da immer welche, die einem besonders gefallen 😊
      Danke Dir auch (vor allem für das Lied)
      Schönen Feiertag und liebe Grüße
      Nina

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  9. Guten Morgen liebe Nina,
    einmal negativ oder positiv – deine Postüberschrift – ist der Kuckuck durch seine Aufzuchtform zu bewerten…ich denke, der Lebenskünstler gefällt mir mehr. 😉 Die Kinderlieder sind ja vielfach bekannt, die Kuckucksuhr, das Unterschieben der Eier, der Ruf und auch die Geschichte dazu mit dem Geld in der Tasche ;-), doch bewusst gesehen habe ich noch keinen dieser scheuen Vögel. Früher am Elternhaus habe ich ihn oft gehört, doch hier in der Innenstadt gar nicht mehr. Danke dir für dieses schöne Porträt und auch deine Skizzen und der Stempel sind wieder wunderbar gelungen.
    Einen angenehmen Feiertag – ganz lieben Gruß von Marita und danke der Nachfrage…ist alles mehr oder weniger im grünen Bereich. 😉

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    1. Ach, grüner Bereich klingt gut, aber wirklich gut noch nicht. Drücke Daumen und Dich.
      Ja, insgesamt ist der Vogel ja positiv besetzt, aber hat durch diese für uns brutal aussehende Aufzuchtmethode (und es gibt ja auch beim Menschen das Kuckuckskind) etwas negatives. Ich sehe ihn als Lebenskünstler, als Frühlingsbote
      Danke Dir auch, schönen Feiertag und ganz liebe Grüße zurück
      Nina

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