Als Jonathan C. Slaght die größte Eule der Welt zum ersten Mal sieht, geschieht dies aus Zufall, in der östlichen, russischen Region Primorje im Jahre 2000.
„Ungefähr so groß wie ein Adler, aber fluffiger und stattlicher, mit enormen Ohrenbüscheln, wirkte sie vor dem diesigen grauen Winterhimmel beinahe zu wichtig und skurril für einen echten Vogel, fast so, als hätte jemand ein Bärenjunges hastig mit einem Haufen Federn beklebt und das verwirrte Tier auf einen Baum gesetzt.“

Der Vogel ist nicht bestimmbar, aber Slaght hat Fotos gemacht, die ihren Weg zu dem Ornithologen Sergej Surmarsch in Wladiwostok finden und es stellt sich heraus, „dass seit 100 Jahren kein Wissenschaftler so weit südlich einen Riesenfischuhu gesehen hat…“ . Und überhaupt ist nicht wirklich viel über diesen Vogel zu lesen und zu lernen.
Dieser besondere Vogel kommt Jahre später in die Auswahl um seine Dissertation zu schreiben. Und da er sich lieber im Wald denn in den Lärchensümpfen, wo der seltene Mönchskranich (und zu viele Mücken!) lebt, aufhalten wollte, fällt seine Wahl auf die größte Eule der Welt.
Ein Abenteuer an Tierexpeditionen in extreme, abgelegene Gegenden und ihre Menschen dort und natürlich an ganz besondere Eulen beginnt.
Denn in Gebieten, die von Kälte, Dauerfrost und urigem Wald beherrscht werden, ticken Uhren und Menschen ganz anders. Und die Natur sowieso.
Und auch die Eule ist ganz anders, als wir uns eine Eule denken. Die Größe ist da noch das Geringste an Ungewöhnlichem. Ein Fischjäger ist sie an den eisigen, meist zugefrorenen Flüssen. Über den Schnee spaziert sie und hinterlässt merkwürdige Spuren. Wuschelig sieht sie aus, mit all den vielen, vor Eiseskälte schützenden Federn. Nur ganz besondere Bäume möchte sie für ihr Nest, in dem sie ein Junges aufzieht.
So beschreibt der Autor zB. Wie er Riesenfischuhus das erste Mal überhaupt hört. Er weiß nur aus Beschreibungen, Nachahmungen, wie sie sich in etwa anhören kann. Und er weiß, dass sie im Duett singen. Etwas ganz besonderes im Tierreich. So hört er tatsächlich in einer eisig kalten Nacht ein „Lied“ und überlegt, daß könnte ein Uhu sein. Tatsächlich waren es zwei, ein Paar, was so synchron gesungen hat, dass er es nicht erkannte.
Das Buch ist eine Suche, ein Abenteuer, ein Lehrstück, ein Kampf, eine Dokumentation und eine Liebeserklärung (und sicher noch mehr).
Etwa 1000 Exemplare soll es noch von der größten Eule der Welt geben, in einer Welt des Permafrostes und neuentdeckten Holzabbaus, einer Welt, wie wir sie in unseren gemäßigten Breiten kaum vorstellen können, sowohl als Lebensraum für Menschen als auch Tiere. Es wäre schön, wenn weiterhin das Duett der Riesenfischuhus erklingen könnte. Diese Vögel haben die gleiche Aufmerksamkeit verdient, wie die dort lebenden sibirischen Tiger.
Die Reihe Naturkunden, Matthes & Seitz Berlin (Link zum Buch, keine Werbung, da selbst bezahlt, aber als ‚Werbung‘ für einen Verlag, der immer noch Bücher macht, die besonders sind) ist immer wieder für Titel gut, die aus dem Rahmen fallen Der leinengebundene Band läd wieder zum „gerne in die Hand nehmen“ ein. Der Hersteller durfte sich wieder austoben, im positiven Sinne. Hier werden Bücher und Titel aus Überzeugung gemacht. Die Auflagen versprechen keinen Platz 1 in den Charts und das ist auch den Preis wert.
Eulen des östlichen Eises wurde mit dem PEN/E.O. Wilson Literary Science Writing Award sowie dem Minnesota Book Award for General Nonfiction ausgezeichnet und stand auf der Longlist für den National Book Award. Slaght lebt in Minneapolis. (Quelle: Verlag Matthes & Seitz Berlin)
Ein Buch, dass gut in mein Projekt des Jahres passt.







